#TeamGeschwister

 

#TeamGeschwister nennen sich meine beiden Kinder, die mit 11 und 13 Jahren schon ganz gut in der Pubertät sind. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Da bin ich verwöhnt.
Denn in vielen Familien mögen sich die Geschwister nicht sonderlich, oder sie mögen sich und streiten sich trotzdem permanent und ausdauernd. Oder sie hassen sich bis aufs Blut.

Der Krieg im Kinderzimmer

Was aber bedeutet es für eine Familie, wenn die Kinder noch bei den Eltern wohnen, aber schon einen Eisernen Vorhang zwischen den beiden Kinderzimmern errichtet haben?


Wie kann der Alltag bewältigt werden, der mit einem Kind oder mit mehreren Kindern, die sich bestens verstehen, schon kompliziert genug ist, wenn zwei Geschwister die Anwesenheit des anderen nicht ertragen können?

Das Ideal in unseren Köpfen und die so mühsame Realität

Zum einen muss von der Idealvorstellung der Familienbande Abschied genommen werden. Wir alle haben die Bilder im Kopf: Geschwister, die durch dick und dünn gehen. Verdreckt und mit zerschrammten Knien kommen sie strahlend vom Spielplatz zurück, mit viel Gekicher werden in der Pubertät Geheimnisse geteilt, als Erwachsene sind sie beste Freunde. #TeamGeschwister halt.


Wenn stattdessen bestenfalls ein Kalter Krieg herrscht, wenn oft genug die Fetzen nicht nur im übertragenen Sinne fliegen, dann ist die Familie nicht Rama-Reklame, sondern ein Film von Ingmar Bergmann, der – fun fact – seine neun Kinder von sechs verschiedenen Frauen hatte.


Zum anderen müssen ganz praktische Fragen geklärt werden: Macht es Sinn, gemeinsam in Urlaub zu fahren, wenn eines der Kinder jeden Abend heult? Wie können Feiertage gestaltet werden, damit die Dauerkrise nicht unterm Weihnachtsbaum eskaliert? Gemeinsame Abendessen sind ja so wichtig, lesen wir überall. Aber wenn zwei am Tisch sich permanent ärgern und triezen bis es kracht?


Nicht zuletzt sollte für alle – für die Geschwister ebenso wie für die Eltern – die Familie ein Rückzugsort sein, eine Kraftquelle, eine Zuflucht vor dem Stress und den Zumutungen der Umwelt. Was macht das mit einem, wenn die Familie das nicht bietet? Wenn weder Eltern noch Kindern einen Ort haben, in dem sie ihre Batterien wieder auftanken können?

Eine Lösung: Geschwistermediation?

Und so wurde die freundliche Familienmediatorin unlängst gebeten, zwischen zwei Geschwistern zu vermitteln, die noch zuhause leben, und deren permanenter Kleinkrieg das Familienleben beherrscht. Die sich gegenseitig zwar versichern sich zu lieben, aber die Anwesenheit des jeweils anderen nur mit großer Mühe ertragen können.


Verraten darf ich natürlich nichts.


Aber ich habe meine Lehren daraus gezogen, auch für meine eigene Familie und mein #TeamGeschwister:

Den Geschwisterkonflikt im Kontext sehen

Geschwisterkonflikte sind manchmal isoliert zu sehen, manchmal stehen sie aber auch im Zusammenhang mit dem Familiensystem. Wie gehen wir insgesamt mit Konflikten um? Haben sich die Kinder das permanente undifferenzierte Herummeckern, das genervte Augenrollen – etwa – von mir abgeguckt?

Den Konflikt definieren

Wie kann man die Konflikte definieren? Handelt es sich um einen

  1. Sachkonflikt (der Klassiker: wie lange wer das Bad benutzen darf!), so kann man hier mit ein wenig Mühe und Phantasie Lösungen finden. Man sollte dies nicht vernachlässigen, denn aus einem Sachkonflikt wird ganz schnell ein…
  2. Beziehungskonflikt. Und der ist deutlich schwerer zu lösen, denn dies erfordert von beiden die Bereitschaft umzudenken und wieder aufeinanderzuzugehen.


In beiden Fällen ist ein Blick von außen hilfreich. Sei es, weil die Streitenden vor lauter Wut der Blick auf die Lösungen verstellt ist, sei es, weil im Alltag einfach Zeit und Ruhe fehlt, sich damit auseinanderzusetzen.

Eine Beziehung ist ein Hai

Woody Allen vergleicht in seinem wunderbaren Film Annie Hall eine Beziehung mit einem Hai: „A relationship is like a shark. It has to constantly move forward or it dies.“ Dies gilt umso mehr für Kinder und Jugendliche. Ihre Bedürfnisse ändern sich quasi über Nacht, so wie ihre Schuhgröße. Damit sind auch die Beziehungen der Kinder untereinander ebenso wie zu den Eltern einem ständigen Wandel unterworfen. Wer nicht einen Blick darauf hat, schürt Sachkonflikte. Bis vor zwei Monaten hat der Sohn nur 5 Minuten im Bad gebraucht, jetzt braucht er eine halbe Stunde – schon ist ein Sachkonflikt geschaffen.

Gewaltfreie Kommunikation üben

Gewaltfreie Kommunikation – fand ich während der Mediationsausbildung zunächst albern. Dieses unauthentische und gestelzte Therapeutensprech, wenn man doch bloß einmal auf den Tisch hauen will! Softe Ich-Botschaften, wo doch der andere der Idiot ist! Aber mit der Zeit als freundliche Familienmediatorin kam die Erkenntnis: mit einer Aussage wie (um das Beispiel wieder zu bemühen): IMMER BRAUCHST DU EINE VERDAMMTE STUNDE IM BAD DU LAUCH UND DU BIST SCHULD, WENN ICH ZU SPÄT ZUR SCHULE KOMME!!!1111! (gebrüllt, daher in Großbuchstaben) erreiche ich nur eines: Gegenfeuer. Mehr dazu demnächst in einem anderen Blogartikel, das führt hier zu weit.

Wir brauchen mehr Zeit

Für unsere Familie und für uns selbst. Wir müssen wahrnehmen, was die Bedürfnisse unserer Lieben sind, und das geht nicht morgens zwischen 7:00 und 7:30 zwischen Schulbrotschmieren und Ausdemhausrennen. Ich muss sehen, ob mein Sohn jetzt gerade die Phase hat, in der er seine Flügel streckt und einen auf mega-erwachsen macht, oder ob ich ihm einen warmen Kakao kochen soll. Ob er Duschen gerade für überflüssig hält oder sich ausgiebig stylt. Genauso muss ich meine eigenen Bedürfnisse und Grenzen kennen, damit ich sie klar und deutlich äußern kann, so dass meine Familie nicht *raten* muss, warum ich nun schon wieder sauer bin.


Wenn ich die Bedürfnisse gesehen habe, dann muss ich die Umstände den Bedürfnissen anpassen, denn sonst haben wir einen Sachkonflikt, und ein ungelöster Sachkonflikt führt zu einem Beziehungskonflikt, so einfach und so schwierig ist das.


Und wir brauchen alle mehr Schlaf.

Nicht alle können sich lieben

Egal, was wir anstellen, ob gewaltfreie Kommunikation, Mediation oder Acht-Stunden-Schlaf: nicht alle Menschen sind dafür geschaffen, sich gegenseitig zu lieben. Aber wenn ich es schaffe, dass aus dem Tollhaus doch wieder ein Zuhause wird, in dem sich die Geschwister mit all ihren Macken und Schwächen trotz aller Differenzen zumindest zähneknirschend akzeptieren, dann habe ich als Elternteil ihnen etwas sehr wertvolles fürs Leben mitgegeben.

Und ich habe meine Ruhe, endlich.


Sophie Löffler Umbruch Mediation


Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Werbung!

Wenn die Konflikte zwischen Euren Kindern so eskaliert sind, dass das Familienleben darunter leidet, dann lasst Euch helfen. Eine Mediation ist ein gutes Werkzeug, Konflikte in der Familie konstruktiv und zielorientiert zu bearbeiten. Als Eltern seid Ihr dabei jedoch nicht wirklich geeignet. Viel besser ist es, wenn jemand von außen einen Blick darauf wirft.

Ruft mich an oder mailt mir. Oder vereinbart gleich einen unverbindlichen telefonischen Ersttermin!